Pflegepersonal wächst mit viel Kreativität über sich hinaus und gestaltet den Senioren den Alltag so angenehm, wie möglich! Das verdient ein großes Dankeschön!

Irmina Naumann hat schon einiges erlebt. Ihre Kindheit fällt in die Zeit der Weltwirtschaftskrise in den 1920-/1930er Jahren mit einer hohen Arbeitslosigkeit sowie in die Zeit der Weimarer Republik. Sie hat beide Weltkriege überlebt. Mit der Corona-Pandemie erlebt sie nun wie viele andere Bewohner in den Seniorenheimen eine Krise in einer ganz anderen Dimension. Denn mit ihrem stolzen Alter von 101 Jahren zählt sie zu den Risikogruppen, die es mit besonderen Maßnahmen vor dem Virus besonders zu schützen gilt. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie haben in den zurückliegenden Wochen die in den Einrichtungen lebenden Senioren, ihre Angehörigen und das Pflegepersonal besonders getroffen. Vorsichtsmaßnahmen wie Abschottung, Besuchsverbote und Einstellung von Gemeinschaftsangeboten stellten alle auf eine psychische Belastungsprobe.

Irmina Naumann lebt im Caritas SeniorenHaus in Hasborn und hat die Krise von Anfang an in der Saarbrücker Zeitung verfolgt. „Natürlich ist die Situation schwierig, aber nicht zu ändern. Wie das Leben eben so spielt“, kommentiert die 101-Jährige souverän die Situation. Sorgen macht sie sich um ihre Kinder und Enkel, die in Hamburg, Amerika und auf Mallorca leben. „Wir telefonieren regelmäßig. Das beruhigt mich dann. Und neuerdings kann ich meine Familie in unserem externen Besuchsraum, den nennen wir hier Häuschen, wiedersehen“, verrät die Seniorin. Klagen von Mitbewohnern habe sie bisher nicht wahrgenommen: „Hier hat sich nicht viel verändert.“ Schwierig gestaltet sich für Irmina Naumann das Tragen der Mund-Nasen-Maske: „Ich höre ja nicht mehr so gut und durch den Mundschutz verstehe ich noch weniger“.

„Die Coronakrise ist eine große Umgewöhnung für unsere Bewohner, Angehörigen und Mitarbeitenden, da unser Haus in Normalzeiten als offenes Haus in besonderer Weise von vielen sozialen Kontakten, Veranstaltungen, von der Integration in die Dorfgemeinschaft und von gemeinschaftlichem Leben lebt. Viele Bewohner haben natürlich Heimweh, doch über Telefon haben wir in den zurückliegenden Wochen die Kontakte gepflegt“, berichtet Renate Iffland von der Caritas Trägergesellschaft. Dank der bodentiefen Fenster der meisten Zimmer und der Balkone, seien Besuche auf Sichtkontakt und mit entsprechendem Abstand auch mit Sprechkontakt möglich gewesen. Für Bewohner in der Sterbephase gelten Ausnahmeregelungen. „Die Angehörigen sind sehr einsichtig. Sie freuen sich über Kontakte, Zeichen und Informationen jedweder Art und haben großes Verständnis für unsere Schutzmaßnahmen“, so Renate Iffland. „Der Schutz unserer Bewohner und Mitarbeitenden hat Priorität, aber ich muss selbstverständlich auch im Blick behalten, ob es ihnen seelisch gutgeht. Das Präventions- und Krisenteam unseres Hauses trifft sich regelmäßig, dort werden unsere Maßnahmen immer wieder beleuchtet, geprüft und angepasst. So haben wir die Mitarbeitenden in der sozialen Betreuung und Begleitung deutlich aufgestockt, so dass Betreuung und Beschäftigung in den einzelnen Hausgemeinschaftsgruppen mit nur elf bis 13 Bewohnern möglich sind. Ein großes Augenmerk legen wir derzeit auch auf die Einzelbetreuung der Bewohner.“ Dank der kleinen Gruppengrößen sind gemeinsame Mahlzeiten möglich, wobei die Tischgruppen wegen der Abstandsregelung verkleinert wurden. Auch die Aktivitäten finden dezentral in den Hausgemeinschaften statt. Doch trotz Abschottung ist das Seniorenheim weiterhin in die Dorfgemeinschaft eingebettet. Renate Iffland:

„Es erreichen uns unglaublich viele Überraschungen und Geschenke aus der Bevölkerung, zum Beispiel von Kindern in Form von Mutmachgeschenken, Bastelarbeiten, Briefen von Schulklassen, Messdienern, Kommunionkindern und Einzelpersonen. Das freut uns und unsere Senioren wirklich sehr.“ Über Videogespräche mit Tablets oder Smartphones soll die Kommunikation der Heimbewohner mit ihren Angehörigen weiter verbessert werden. Renate Iffland: „Hier werden wir trägerseits ausgestattet, darüber hinaus sponsort uns die IKK ein halbes Jahr lang ein für Videotelefonie fähiges Tablet.“ Ergänzend werden gesonderte Besuchsbereiche geschaffen, die durch Plexiglasscheiben getrennt und mit Freisprechanlage versehen sind. „Die Angehörigen betreten den Bereich von außen, die Heimbewohner von innen. So können sie sich sehen und miteinander sprechen. Im Außenbereich ist der Besuch für Angehörige durch einen gesonderten Zugang mit entsprechendem Abstand möglich. Die Koordination und Organisation der Besuche erfolgt durch eine Terminvergabe vorab.“

Auch im Seniorenheim in Tholey herrschte in den zurückliegenden Wochen Ausnahmezustand. „Nach über 70 Tagen haben wir uns mittlerweile einigermaßen an die ungewöhnliche Situation gewöhnt. Wir nutzen unseren Speisesaal für Besuche der Angehörigen“, berichtet Heimleiter Karl-Friedrich Müller. Ohne Anmeldung geht nichts. Die Heimbewohner haben hier die Möglichkeit, einen Angehörigen für eine Stunde zu treffen. Mit Abstand wohlgemerkt sitzen sie sich hier an einem Tisch, getrennt durch eine Plexiglasscheibe gegenüber. „Der Abstand kann schon mal zu Verständnisproblemen führen.

Da können dann auch Kopfhörer und Handy genutzt werden.“ „Vielen Senioren fehlt das Knuddeln ihrer Liebsten. Das nicht in den Arm nehmen können ist das Schlimmste. Bei derart durchgetakteten Besuchen ist schnell auch die Luft raus. Daher empfehlen wir den Angehörigen, Fotos und Briefe mitzubringen“, so der Heimleiter. Zur Förderung des Kontaktes mit den Angehörigen hat der Heimleiter zwei Tablets angeschafft: „Wer nun aber wie Josef Sajak 1920 geboren wurde, kann mit Skypen nicht viel anfangen. Für ihn sind dann die persönlichen Besuche seiner Tochter und Enkel die bessere Alternative.“Josef Sajak ist mit stolzen 105 Jahren der älteste Bewohner des Hauses. Da er ebenerdig wohnt, kann er Tochter und Enkel regelmäßig an seinem Fenster treffen. „Seine Tochter Ilse Schank kommt regelmäßig vorbei. Bei uns wurde von Anfang an rege gefensterlt“, das heißt die Besuche finden vor dem Fenster statt. An den Fenstern wurden schon viele Abschiedsküsschen verewigt“, verrät er.

Helga Karrenbauer ist voller Lob für das Corona-Management im Seniorenheim in Tholey. Da ihre Mutter Ruth Detzler ein Zimmer im Erdgeschoss bewohnt, kann sie ihre 89-jährige Mutter jederzeit besuchen. „Meine Mutti würde es nicht verstehen, wenn ich sie nicht besuchen dürfte. Für die Möglichkeit, sie am Fenster ihres Zimmers zu sehen, bin ich dem ganzen Team sehr dankbar.“

Die coronabedingte Besuchsregelung verlangt dem Personal der Seniorenheime einiges ab. Allein die Terminabsprachen und die Umsetzung der Hygienemaßnahmen seien sehr zeitintensiv. Abe besonders auch die Nachbereitung der Treffen sei enorm wichtig. „Beim Abschied fließen nicht selten die Tränchen. Wir müssen unsere Bewohner dann emotional auffangen. Also, was unsere Mitarbeiter hier in dieser Zeit leisten, das ist ganz toll und verdient ein großes Dankeschön“, lobt Karl-Friedrich Müller sein Team. Auch im Seniorenheim St. Stephanus in Oberthal wuchs das Personal in den vergangenen Coronawochen regelrecht über sich hinaus und schaffte den Spagat zwischen die Bewohner zu schützen ohne dass sie in Isolation vereinsamen.

„Unsere Bewohner haben die Situation bisher erstaunlich gut gemeistert und überwiegend gelassen auf die Situation reagiert“, berichtet Heimleiterin Sabine Wecker. Oft habe sie Statements gehört wie: „Wir haben den Krieg und schlechte Zeiten überlebt, da schaffen wir auch das.“ Eine interessante Beobachtung hat die Heimleiterin in den vergangenen Wochen gemacht: Zwar hätten den Senioren die Besuche ihrer Angehörigen sehr gefehlt. Aber im Gegenzug habe sich ein stärkerer Zusammenhalt unter den Bewohnern entwickelt.

„Die Bewohner haben die Nähe zu ihren Mitbewohnern gesucht und sich auch gegenseitig gestützt und Kraft gegeben. Es waren Ängste da, es wurde auch viel gelacht und es haben sich viele gute Gespräche unter den Bewohnern entwickelt.“ Mit den restriktiven Besuchsregeln wären die Angehörigen trotz allem sehr verständnisvoll und diszipliniert umgegangen. Sabine Wecker: „Wir haben von Anfang an versucht unser Leben im Heim so transparent wie möglich für die Angehörigen zu gestalten. Mit regelmäßigen Rundmails haben die Angehörigen immer Infos erhalten, die beruhigend wirkten. Viele Ängste waren bei den Angehörigen vorhanden, dass sie ihre Liebsten in ihrer letzten Lebensphase nicht besuchen dürfen. Diese Angst konnten wir in Gesprächen ausräumen. In einer Palliativsituation können wir Besuche unter strengen Hygienemaßnahmen erlauben

“Um Licht in den Alltag in Abschottung zu bringen hat man in Oberthal versucht, viele kleine Höhepunkte zu schaffen: mal ein Sektfrühstück, mal eine frisch gegrillte Rostwurst aus dem Garten, mal ein Konzert in einem abgegrenzten Bereich im Garten oder ein italienischer Eisgenuss. „Besuche hinter dem Zaun mit Sicherheitsabstand sind nach wie vor möglich und seit kurzem auch Besuche in unserem grünen Zimmer.

Das bedeutet, dass die Bewohner in einem abgegrenzten Bereich im Außengelände mit Einhaltung von einem Zweimeterabstand und unter Einhaltung weiterer Hygieneregeln ihre Angehörigen für maximal eine Stunde nach Voranmeldung treffen dürfen.“ Isoliert in der Krise haben Heimleitung und Bewohner erst gemerkt, wie wertvoll es ist, Teil einer Dorfgemeinschaft zu sein.

Denn aus der Bevölkerung kam eine große Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft. Renate Iffland von der Caritas: „Für unser Seniorenheim in Hasborn erleben wir eine unfassbar große Unterstützung von Einzelpersonen, Gruppen, Vereinen und politisch Verantwortlichen mit selbst genähten Gesichtsmasken.“